Mittwoch, 21. Januar 2015

Briefe an meinen Professor

Wie viele von euch wissen .... ich studiere Jura. Und viele von euch haben genau so reagiert: "Oh". 

Und in den vergangenen 4 Monaten habe ich herzlich wenig anderes gemacht als mich mit selbstverliebten, PR-süchtigen (man lese die FAZ Artikel von Prof. Dr. Oestmann und die vielen kritischen Antworten seiner Kolleginnen und Kollegen in derselben über-regionalen Zeitschrift) , hochnäsigen und (zum Teil) berühmten Juristen (das bezieht sich nur auf Richter Alexander Hold. Jo, der echte. Aus Sat1.) dieser Welt herumzuschlagen. Mit Ausnahme von Prof. Dr. Krumm, aber das ist ja offensichtlich:D. Das ist jetzt stark übertrieben:D Ich fand die Artikel unserer Professoren höchst interessant und habe sie auch alle gelesen. Im Übrigen macht mir mein Studium auch "Spaß" (im engeren Sinn:P)

Die Spitze des Eisbergs ist jede Woche die langersehnte Kriminologie Vorlesung mit Pia und Prof. Dr. Boers. Besser bekannt als der, dessen meistgenutzte Quelle und Verfasser der "Tipps für die Nachbearbeitung" er selbst ist. 
Ich glaube niemand hat meine vielen Kommentare in der 14. Reihe überhört und ich glaube ich war mehrfach sehr kurz davor den Saal zu verlassen.

Ich habe sehr viel von "Klaus" gelernt. Wie zum Beispiel, dass kein wahrer Deutscher nicht trinkt und nie "gekifft" hat (Was soll das überhaupt sein?). Dass die USA das schlimmste Land der Welt ist, gleich gefolgt von den Chinesen (Oh man die Chinesen....Das scheinen auch sehr unmenschliche Kreaturen zu sein. Seit heute sind sie nur noch als die "Unzivilisierten" zu bezeichnen). Dass Frauen selbst Schuld an allen Formen von sexueller Belästigung durch Männer sind aber gleichzeitig keinen Anhaltspunkt für "Kriminalitätsfurcht" haben und ruhig gelassen durch die Stadt laufen sollen (Das hab ich heute leider auch nicht ganz verstanden. Da war ich noch am kochen, weil) Man Angst haben muss vor schwarzen Männern am Straßenrand und lieber einen großen Bogen um jeden Ausländer machen sollte. Im Übrigen ist Prof. Dr. Boers aber zum Glück ein perfekter Arier, dessen Größe und Autorität nach eigenen Angaben jeden Menschen mit kriminellen Absichten abschrecken sollte (Die Chabos wissen halt wer der Babo ist *-*) 

Und das alles kommt von einem Professor, der am liebsten die ganze Vorlesung lang auf Englisch reden würde und die USA doch mehr preist als sein gehasstes Duisburg. 

Ich habe im Abitur aus Überzeugung die folgenden Worte auswendig gelernt: "We hold these truths to be self-evident, that all men are created equal. That they have been endowed by their creator with certain, unalleinable rights. That among these are life, liberty and the persuit of happiness" -Declaration of Independence 1776

Ich wünsche mir nichts lieber als das endlich alle Menschen als gleich beachtet werden würden. Die Armen und die Reichen, die Schwarzen und die Weißen. Die Frauen und die Männer. Die Chinesen und die Deutschen.
Wir sind alle vom gleichen Gott geschaffen worden und keiner ist besser als der andere. Und lieber Prof. Dr. Boers, ich bin auch nicht sozial inkompetent, weil ich das publiziere.

#HeForShe #MeForYou


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Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Boers,

mein Name ist ***** ************* und ich bin eine Teilnehmerin Ihrer Vorlesung über Kriminologie.

In Ihrer heutigen Vorlesung haben Sie sinngemäß gesagt:
"Mädels, wundert euch nicht, dass ihr auf der Straße angebaggert oder sexuell belästigt werdet, wenn ihr euch so anzieht." Diese Meinung können Sie aus unterschiedlichsten Gründen haben. Normalerweise stehe ich Meinungen, die von meiner eigenen abweichen sehr offen gegenüber, jedoch konnte ich die Ihre heute guten Gewissens nicht unkommentiert so stehen lassen.

Dies würde bedeuten, dass Frauen selbst schuld seien, wenn sie sexuell misshandelt oder belästigt werden. Warum sind Männer Ihrer Meinung nach nicht für ihre eigenen Handlungen verantwortlich? Wie kommen Sie darauf Frauen die Schuld zu geben für ihre Misshandlung, während eine Belästigung oder Misshandlung doch voraussetzt, dass es gegen ihren Willen geschieht?

Das würde bedeuten, dass die menschliche Spezies in zwei Teile unterteilt wäre: Die weibliche, die offensichtlich durch ihre Kleidung alle wissen lässt, es nicht erwarten zu können, sexuell missbraucht zu werden, und der männliche, unkontrollierbare Teil der Gesellschaft. Männer wären dann so, wie Edward aus der Twilight Saga mit Ekel die Werwölfe beschreibt: Keine Selbstdisziplin, nur trieborientiert.
Noch dazu, können sie nichts dafür. Sie sind nicht Schuld. Es ist ja die Schuld der Frauen.
Keine Frau möchte sexuell misshandelt werden. Wir gehen nicht zu H&M und suchen uns ein besonders kurzes, provokantes Outfit aus um eine sexuelle Misshandlung zu provozieren. 

Ich hoffe, dass Sie nicht in einer solchen Gesellschaft leben wollen, in der für Männer alles gerechtfertigt ist und in der Frauen als Sündenböcke benutzt werden. In einer Gesellschaft, in der Frauen somit keinen Wert haben, der über ihren Körper hinausgeht. Eine Gesellschaft, in der Frauen keinen Respekt verdienen und in der Männer Frauen grenzenlos ausnutzen können, denn "wir sind ja selbst schuld".

Können Sie sich eine Gerichtsverhandlung vorstellen, in der ein Mann eine sexuelle Misshandlung zugibt, aber dann sagt, es sei nicht seine Schuld, denn die Fraue habe ein Top / ein Minirock / auffäliges Make-up getragen, oder einfach nur einen schönen Hintern gehabt? Können Sie sich ferner vorstellen, dass der Richter diesen freispricht, aus Unschuld? Denn der Mann hat ja nichts getan! Es war die Schuld der Frau!

Was sollen denn Frauen Ihrer Meinung nach tun, um sich und ihren Körper zu schützen? Nicht mehr aus dem Haus gehen? Eine Burka / ein Hijab tragen? Denken Sie nicht auch, dass Männer nicht vielleicht doch eine kleine Verantwortung haben, Frauen als menschliches Gegenüber zu respektieren?

Mit Sicherheit haben Sie eine Ehefrau / eine Lebensgefährtin, vielleicht sogar Töchter und doch ganz sicherlich wenigstens eine Mutter, die Sie respektieren, sogar über ihren Körper hinaus. Wie würden Sie sich ehrlich fühlen, wenn eine der oben genannten Frauen in Ihrem Leben sexuell misshandelt werden würde und auch noch selbst dafür Schuld tragen würde? Wenn die Tat, der sie zum Opfer gefallen ist, legitim wäre und die Gesellschaft akzeptieren würde, dass der Mann keine Verantwortung für eine solche Tat trägt?

Genauso sind auch ältere Menschen nicht "selber Schuld", dass sie Gewalt zum Opfer fallen, wenn sie nach 22:00 Uhr aus dem Haus gehen. Meine Oma darf nachts ihr Haus verlassen. Ich darf tragen was ich möchte, und gehen wohin ich möchte, oder wenigstens würde ich mir das wünschen.

Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit genommen haben meine E-Mail zu lesen.

Mit freundlichen Grüßen,